Anpassungen sind notwendig
„Der Klimawandel ist zu einer zentralen Herausforderung auch für unsere Branche geworden“, sagte TMBW-Geschäftsführer Andreas Braun in seiner Audio-Kolumne „Brauns Schlagzeile“ in diesem Sommer. Katastrophen wie 2021 im Ahrtal seien auch in Baden-Württemberg denkbar, und das sich jetzt schon verändernde Landschaftsbild bereite ihm Sorgen. Deshalb müssen Touristikerinnen und Touristiker ihre Angebote prüfen und anpassen. Das können schattige Rastmöglichkeiten auf Wanderwegen sein, wie Thomas Beyrer, Themenmanager Natur und Wohlsein bei der TMBW, erklärt. Oder ein vom Schnee unabhängiges Angebot, wie es der Hochschwarzwald schon hat. „Unser Wanderwegenetz wird auch im Winter gepflegt, es gibt außerdem das Badeparadies oder die Rodelbahn ‚Hasenhorn Coaster‘ für schneelose Tage“, sagt Thorsten Rudolph, „wir sind eine Wintererholungsregion, in der man nicht immer auf den Skiern stehen muss.“
Doch das Thema ist längst nicht überall angekommen. Das hat auch Andreas Matzarakis vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Freiburg erlebt. Die Forschungsstelle nimmt derzeit im Projekt „KlimaGesund“ Pilot-Kurorte in verschiedenen Regionen Baden-Württembergs unter die Lupe. Als Matzarakis neulich von einem Kurort gebeten wurde, einen Vortrag über das Thema „Klimawandel und Gesundheit“ zu halten, war neben dem Bürgermeister nur ein einziger Vertreter des Gemeinderats im Publikum. „Da frage ich mich schon, ob man das Thema dort ernst nimmt“, so der Professor.
Für Gesundheitsurlaubende sind der zunehmende Hitzestress im Sommer und die abnehmenden Kältereize im Winter nicht ideal, so Matzarakis. Auf der Basis der prognostizierten Klimabedingungen entwickeln die Forschenden Anpassungsstrategien. Als Beispiel nennt er die Orte im warmen Oberrheintal: „Sie müssen schauen, wie sie ihre Kur- und Reha-Gäste, die meistens älter und damit auch gefährdeter sind, vor der Hitze schützen können.“ Die Ideen werden passend zum Ort entwickelt und reichen von zusätzlichen Bäumen und schattigen Ruhemöglichkeiten im Kurpark über Sonnensegel an Plätzen der Innenstadt bis hin zur Fassadenbegrünung.
Der Naturpark Südschwarzwald beschäftigt sich schon seit 2014 intensiv in verschiedenen Projekten mit Klimaforschung und -anpassungen. Im Fokus stehen zwar die Land- und Forstwirtschaft, aber indirekt ist natürlich der Tourismus eingeschlossen: „Die idyllische Landschaft mit ihren Wäldern und Weiden ist ja der Grund, warum Gäste dorthin kommen“, erklärt Suzanne van Dijk vom Freiburger Unternehmen Unique Land Use GmbH, das die Projekte „Klimawandel und modellhafte Anpassung in Baden-Württemberg (KLIMOPASS)“ im Südschwarzwald durchgeführt hat. Dass es im Sommer weniger regnet und gleichzeitig die Vegetationsperiode früher beginnt und länger andauert, bereitet der Landwirtschaft Probleme. „Trockenheit auf den Weiden kann verringert werden, indem sie später und nicht zu tief gemäht werden“, erklärt Suzanne von Dijk eine der Anpassungsmöglichkeiten. Im Ackerbau müssen andere Arten wie zum Beispiel Hülsenfrüchte gepflanzt werden, die mit weniger Wasser besser zurechtkommen. „Auch der Wald wird sich wandeln“, sagt die Expertin, „weg von Tanne und Fichte hin zu Mischwäldern.“