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Die barrierefreie Website

19.04.2023

Barrierefreiheit ist ein weites Feld. Vielen ist nicht bewusst, dass es hier auch um Internetauftritte geht. Dabei gibt es gesetzliche Vorschriften und unterstützende Softwares, die unkomplizierte Lösungen ermöglichen.

Für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit sind klassische Internetseiten oft ein Buch mit sieben Siegeln. Es flimmert, blendet, es gibt zu viele Elemente und Animationen, die das Auge verwirren. Nicht selten genug schalten sie den Bildschirm frustriert und genervt wieder aus. Es sind optische Barrieren, die sie überfordern, so wie Rollstuhlfahrende an Treppenaufgängen und Schwellen in der Duschkabine scheitern.
Seit 2019 verpflichtet die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) Anbieter öffentlicher Websites zu einem gewissen Standard, was die Zugänglichkeit ihrer Internetpräsenz angeht. Mit dem European Accessibility Act (EAA) sind ab 2025 auch private Website-Betreiber ab einer gewissen Firmengröße davon betroffen.
Vor allem für kleine Unternehmen und Touristinformationen ist das eine Herausforderung. Muss ich nun meine gesamte Website neu programmieren lassen? Wer soll das machen und was kostet das? Und wirken sich Anpassungen negativ auf Funktionalität oder Design meiner Seite aus?

Barrierefreiheit leicht gemacht

Die Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW) ist deshalb schon einmal auf die Suche gegangen und auf erstaunlich unkomplizierte Lösungen gestoßen. Sogenannte Assistenz-Softwares erlauben die Anpassungen einer Internetseite auf die speziellen Bedürfnisse von Nutzerinnen und Nutzern, ohne dass dabei die Grundprogrammierung verändert werden muss.
Partner sind dabei das Berufsförderungswerk Würzburg (BFW) und die Firma Web Inclusion mit Sitz im fränkischen Margetshöchheim. Das BFW ist auf die EDV-Beratung von Blinden und Sehbehinderten in ganz Deutschland spezialisiert. Diese sind letztlich die Hauptzielgruppe der digitalen Barrierefreiheit. Daneben geht es auch um Menschen mit kognitiven Einschränkungen wie etwa einer Lernschwäche, Leseschwäche oder Legasthenie.
Rund 25 Funktionen umfasst die Assistenz-Software, die mit einem einfachen Code integriert werden kann. Ein kleines Barrierefreiheits-Männchen zeigt den Nutzenden einer Seite dann an, dass es eine entsprechende Zusatzfunktion gibt. Diese können dort die für sie passenden Einstellungen vornehmen, ohne dass der Websiteanbieter selbst etwas tun muss.
Zu den Optimierungsmöglichkeiten gehören beispielsweise das Verändern der Schriftgröße und des Mauszeigers, ein Kontrast- und Nachtmodus, die Möglichkeit, Bilder auszublenden oder einen Blaufilter zu aktivieren. „Diese individuellen Anpassungsoptionen ermöglichen es vielen Menschen erst, die Website in vollem Umfang zu nutzen“, sagt Leonard Gatzenberger von der Firma Web Inclusion.
Wer vollständig erblindet oder stark seheingeschränkt ist, kann sich die Seite vom Software-Assistenten auch vorlesen lassen. Menschen mit einer Rot-Grün-Schwäche haben die Möglichkeit, die Farbeinstellungen zu variieren, User mit einer sehr geringen Restsehfähigkeit können die für sie störenden Bilddarstellungen unterdrücken.
Ferner wandelt die Software schlecht lesbare Kursiv- und Kunstschriften in eine einfachere Typographie um. Wer besonders fotosensibel und geräuschempfindlich ist, kann auch die Animationen und den Ton der Website deaktivieren. „Menschen mit Epilepsie haben damit oft ein Problem“, erklärt Leonard Gatzenberger.

Auch ein allgemeiner Check hilft

Die Assistenzsoftware Eye-Able der Firma Web Inclusion ist zwischenzeitlich praxiserprobt und wird auch vom Berufsförderungswerk in Würzburg ausdrücklich anerkannt. „Eine unkomplizierte und gute Lösung“, findet etwa der Fachberater Thomas Ender. Freilich entbindet dies nach Meinung von Ender die Website-Betreiber nicht von der Pflicht, generell die Darstellung ihrer Internetpräsenz zu überprüfen: Eine klare und übersichtliche Struktur helfe schließlich allen. Daran hapere es oft, viele Internetseiten seien überladen und selbst für Menschen ohne Einschränkung schwer zu durchschauen.
Die Installation der Assistenz-Software erfolgt über einen zweizeiligen Code, eine weitere Anpassung muss nicht vorgenommen werden. Das Grunddesign der Website bleibt inklusive der für viele Anbieter wichtigen CI (Corporate Identity) erhalten, das einheitliche Erscheinungsbild nach außen kann mithin gewahrt werden.
Die Kosten halten sich dabei im Rahmen: Es fallen eine jährliche Lizenzgebühr und eine einmalige Anpassungspauschale an. Der Support und alle Updates sind dabei inklusive, bei technischen Fragen hilft die Firma jederzeit weiter.
Wer sich ein Bild von der Assistenzsoftware machen will, muss nur auf die Website der TMBW gehen und das kleine weiße Männchen auf schwarzem Grund rechts oben anklicken. Dort entfalten sich dann sämtliche Funktionen, die eine Anpassung auf die individuellen Bedürfnisse möglich machen. Ganz am Ende der Skala kann man dann die Einstellungen auch wieder zurücksetzen. (Anm. d. Red.: Das Tool ist jetzt auch hier auf dem Tourismusnetzwerk baden-Württemberg im Einsatz)

Die TMBW berät bei weiteren Fragen zum Thema „Barrierefreie Website“. Ansprechpartnerin ist Marina Zec, Telefon: 0711-238 58 66, E-Mail: m.zec@tourismus-bw.de.

Im Rahmen der Kooperation mit Eye-Able erhalten Interessierte aus der Tourismusbranche in Baden-Württemberg derzeit bis zu 30 Prozent Nachlass auf die Installation der Assistenz-Software.

Der Beitrag unseres Autors Andreas Steidel ist eine geringfügig gekürzte Fassung seines Artikels in der jüngsten Ausgabe des Magazins „Tourismus Aktuell“. Darin informiert die TMBW zweimal im Jahr über aktuelle Trends und Entwicklungen im Tourismus. Das Magazin kann kostenlos heruntergeladen, bestellt oder abonniert werden.

Ansprechpartner für “Tourismus Aktuell”:
Dr. Martin Knauer
m.knauer@tourismus-bw.de



Autor(in): Tim Müller
Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg
Projektmanager Kommunikation & Koordination
E-Mail: t.mueller@tourismus-bw.de


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