Was folgt daraus?
Dass es auch um eine gerechte Vermögensverteilung geht. Deswegen bin ich auch für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Wir können uns das leisten in dieser Gesellschaft. Das reduziert den wirtschaftlichen Druck und eröffnet bei der Berufswahl ganz neue Möglichkeiten – weg vom reinen Geld- und Karrieredenken.
Wer seine Arbeit so wählt, dass er sie als sinnvoll empfindet, wird am Ende auch produktiver sein. Das ist eben der Trugschluss, dem viele aufsitzen: Wir wollen arbeiten, nur eben anders.
Der Begriff des New Work macht ja diesbezüglich die Runde, was versteht man darunter genau?
Es beschreibt den Wechsel vom Industriezeitalter zum Informations- und Kreativzeitalter. Zentral ist dabei das ortsunabhängige Arbeiten. Man muss nicht mehr dort wohnen, wo der Arbeitgeber sitzt. Im Grunde ist es egal, wo mein Computer steht und wo ich meinen Job mache: Es gibt Mischformen wie Workation, bei denen die Menschen sogar am Urlaubsort arbeiten. Das kann sehr inspirierend sein.
Aber besteht da nicht die Gefahr, dass man gar nicht mehr zur Ruhe kommt?
Die scharfe Trennung Arbeit und Freizeit ist nicht mehr zeitgemäß. Wer in seiner Arbeit einen Sinn sieht, wird sie auch nicht als reine Belastung empfinden. Deswegen mag ich den Begriff Work-Life-Balance auch nicht: Er unterstellt, dass Arbeit ein Zwang ist und das Leben erst danach anfängt. So denken heute viele nicht mehr. Ich rede lieber vom Work-Life-Blending, weil es zeigt, dass beides miteinander verschmelzen kann. Die richtige Mischung macht‘s, aber dazu braucht es mehr Freiheiten. Arbeitgeber sollten auf den Output schauen und ihre Mitarbeitenden nicht auf Schritt und Tritt kontrollieren.
Welche Chancen haben die Berufe im Tourismus?
Der Bereich Hospitality ist grundsätzlich etwas sehr Schönes, Sinnvolles, da bekommt man auch viel Bestätigung von außen. Leider hat der massenhafte Tagestourismus viel kaputt gemacht. Da braucht es eine Entschleunigung hin zu mehr Qualität, wir haben es mit dem Vielreisen in den vergangenen Jahren vermutlich auch übertrieben.
Gerade im Tourismus ist eine Homeoffice-Lösung allerdings vielfach nur schwer möglich. Was müsste man da tun, um die Arbeitsplätze für junge Menschen attraktiver zu machen?
Die Arbeitszeit reduzieren und zwar spürbar. Statt zehn sechs Stunden am Tag, statt über 40 eben nur 30 Stunden in der Woche. Dann haben die Menschen auch wieder mehr Freude an der Gastgeberrolle. Ich habe selbst in meinen jungen Jahren in der Gastronomie gejobbt und weiß, wie hart das ist.
Dann braucht man aber zusätzliches Personal, das in dieser Branche ohnehin schon knapp ist. Wo soll das denn herkommen?
Die Potenziale im Bereich Migration und Automatisierung sind längst nicht ausgeschöpft. Warum muss es heute noch Tellerwäscher geben? Und wenn man ein ganztägiges Kinderbetreuungsangebot zur gesetzlichen Pflicht machen würde, könnten viele Frauen, die heute zu Hause sind, arbeiten.
Wagen Sie mal einen Blick in die Zukunft: Wie wird der Arbeitsmarkt in 20 Jahren aussehen?
Alleine der demographische Wandel wird viele Veränderungen erzwingen. Der Trend wird zu einer Vertrauensarbeitszeit gehen, die nicht mehr von Kontrolle bestimmt ist. 32 bis 33 Stunden sind dann wahrscheinlich die Norm. Aber vielleicht sind Stunden dann auch gar nicht mehr die Einheit, in der das gemessen wird.