Belgier sind eine treue Kundschaft: Wenn es ihnen gefällt, kehren sie regelmäßig in das gleiche Haus zurück. „Bei uns ist das fast eine kleine Community“, erzählt Teubener, „viele lernen andere belgische Gäste hier kennen und machen mit ihnen Ausflüge.“ Auf stolze fünf bis sieben Übernachtungen bringen es die Belgierinnen im Hotel Dollenberg, das ist deutlich mehr als ausländische Urlauber sonst in Baden-Württemberg bleiben.
Der Gesamtdurchschnitt liegt freilich auch im Schwarzwald niedriger. 2,7 Übernachtungen sind es augenblicklich im Mittel aller belgischen Übernachtungen. Die Zahl war schon mal höher (3,6 Übernachtungen im Jahre 2004), was angesichts der großen Zuwächse im gleichen Zeitraum jedoch nicht allzu sehr ins Gewicht fällt. „Der Quellmarkt Belgien ist für uns enorm wichtig“, sagt auch Christina Schanz, die bei der Schwarzwald Tourismus GmbH für die nationale und internationale Marktbearbeitung zuständig ist. Derzeit rangiert Belgien auf Platz vier der ausländischen Gästegruppen im Schwarzwald, einen Platz höher als im baden-württembergischen Gesamtdurschnitt.
An der Region Stuttgart, dem zweitwichtigsten Ziel in Baden-Württemberg, schätzen sie neben dem großen kulturellen Angebot auch die Kulinarik in den angrenzenden Weinbaugebieten von Rems und Neckar. Den dritten Platz belegt das nördliche Baden-Württemberg, das vor allem durch den Charme seiner Kleinstädte punkten kann. Danach folgen die Schwäbische Alb und der Bodensee.
Kleines Land mit hoher Reiseintensität
Generell unterteilt sich der Quellmarkt Belgien in die beiden Teilmärkte Flandern und Wallonie. In Flandern spricht man Flämisch, eine Unterart des Holländischen. Die Flamen machen etwa 60 Prozent der Bevölkerung aus und sind erheblich deutschlandaffiner als die französischsprachigen Wallonen. Folglich gilt ein Gros der Marketingaktivitäten auch der Region Flandern, in der Hauptstadt Brüssel sind beide Sprachen und Bevölkerungsgruppen vertreten. Allen gemeinsam ist, dass sie das Auto bei der Anreise bevorzugen und eher im Sommer kommen als im Winter.
Viele der flämischen Belgierinnen sprechen ähnlich wie die Niederländer auch Deutsch, in der Grenzregion zu Deutschland gibt es sogar eine kleine rein deutschsprachige Gruppe. Generell sollte, wer Gäste aus Belgien hat, zumindest auch Englisch sprechen. Wer außerdem noch Französisch beherrscht, hat bessere Karten bei den Belgiern aus der Wallonie.
Zu den Besonderheiten des belgischen Reisemarkts gehört auch, dass dort Vereine eine große Rolle spielen. Der größte Freizeitverband Pasar bietet sogar über einen Veranstalter eigene Reisen an und bewirbt sie über sein Mitgliedermagazin. Auch die rund 300 Wandervereine in Belgien gehen mit ihren Leuten gerne gemeinsam auf Tour, immer wieder kommen ganze Busreisegruppen nach Deutschland, um dort Rad zu fahren oder zu wandern.
Wer entsprechende Übernachtungskapazitäten hat und am besten auch ein Restaurant in geeigneter Größe, kann hier punkten. Ausflugspakete in die Natur und zu Betrieben mit traditioneller Handwerkskunst werden dabei ebenso geschätzt wie kulinarische Arrangements. Belgier achten sehr auf die Qualität der Produkte und aussagekräftige Zertifikate für Unterkünfte – so diese denn vorhanden sind, sollte man sie nicht verstecken.
Belgien ist ein vermögendes Land mit einer enorm hohen Auslandsreiseintensität. Fast alle Menschen über 15 Jahren unternehmen mindestens eine Auslandsreise pro Jahr, deutlich mehr als im Nachbarland Deutschland. Das ist aufgrund der Größe auch nicht weiter verwunderlich. Je kleiner das eigene Staatsgebiet, desto mehr bewegt man sich über Grenzen, vor allem, wenn die ausländischen Reiseziele auch verhältnismäßig nah sind und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.
Letzteres bekommt in Deutschland eine ebenso gute Note wie die meisten anderen Kriterien, die von der DZT bei den Belgierinnen und Belgiern abgefragt wurden: Das Reiseziel Bundesrepublik schneidet vor allem bei Vielfalt und Qualität hervorragend ab (Note 1,67) und liegt auch bei der Gastronomie (1,76) und den Unterkünften (1,86) weit über dem Schnitt.
„Der Quellmarkt Belgien hat Potenzial“, sagt Janina Wittmann von der TMBW. Ein Potenzial, das auch ihrer Meinung nach noch keineswegs ausgeschöpft ist. „Je mehr man dort macht, desto mehr kommt zurück“, lautet ihre Bilanz der nun verstärkten und gezielten Marketingaktivitäten. 2023 gehen sie ins zweite Jahr, und man darf gespannt sein, wie sich der Markt nach dem Ende der Pandemie entwickelt.