Rechtsgrundlagen der Bildnisnutzung
Galt früher ausschließlich das KUG, gilt jetzt für Unternehmen und öffentliche Körperschaften europaweit die DSGVO und das KUG nur noch für private oder analoge Fotografie. Erfolgte die Nutzung von Bildnissen zu Werbezwecken zuvor stets auf Basis einer Einwilligung (das sogenannte „Model Release“), stehen jetzt drei verschiedene Möglichkeiten für die rechtmäßige Nutzung von Personenaufnahmen zur Verfügung: Einwilligung, Vertrag und berechtigtes Interesse. Ohne eine solche Rechtsgrundlage ist die Datenverarbeitung unzulässig. Und, das ist auch neu, es drohen Bußgelder, verhängt durch die Datenschutzbehörden.
Auf welche Rechtsgrundlage die Datenverarbeitung gestützt wird, hängt von der jeweiligen Situation und der beabsichtigten Nutzung ab. Denn die Rechtsgrundlagen unterscheiden sich in den Anforderungen und ihrer „Verlässlichkeit“.
Einwilligung: Einwilligungen sind jederzeit frei widerruflich, ohne Angabe von Gründen. Darauf muss stets beim Einholen der Einwilligung hingewiesen werden. Das macht die Bildnutzung auf Basis einer Einwilligung für langfristig beabsichtigte Nutzungen riskant. Sie kann damit nur noch als Notnagel herhalten, wenn eine andere Rechtsgrundlage nicht in Betracht kommt.
Ein wichtiger Aspekt wird häufig übersehen: Werden noch Fotos genutzt, für die eine Einwilligung nach altem Recht eingeholt wurde, ohne Hinweis auf das – jetzt neue – jederzeitige Widerrufsrecht, oder wurde die Einwilligung sogar unwiderruflich erteilt, was zuvor üblich war, ist die Datenverarbeitung seit Geltung der DSGVO unzulässig. Die Fotos müssen gelöscht werden. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die Einwilligung vergütet wurde und die Vereinbarung als Vertrag zu werten ist. Das dürfte in der Regel bei bezahlten Shootings der Fall sein.
Vertrag: Als weitere Rechtsgrundlage für die zulässige Datenverarbeitung kommt ein Vertrag in Betracht. Verträge sehen stets ein Austauschverhältnis vor. Für die Aufnahmen und Bildnutzungen muss eine Honorierung erfolgen. Bei Profimodels erfolgt die Gegenleistung in Geld. Aber auch andere Gegenleistungen sind denkbar, wie Bildabzüge, Nutzungsrechte, Gutscheine, Sachwerte. Wichtig ist nur, dass es sich um ein Austauschverhältnis handelt, sonst besteht die Gefahr der getarnten Einwilligung, welche dann mangels Hinweises auf das Widerrufsrecht unwirksam ist. Ob ein Schenkungsvertrag ausreicht, ist noch nicht geklärt.
Berechtigtes Interesse: Die dritte Möglichkeit der rechtmäßigen Datenverarbeitung von Bildnissen zu Werbezwecken ist das berechtigte Interesse. Es ermöglicht das Anfertigen und Nutzen von Personenaufnahmen ohne Einwilligung oder Vertrag. Diese Ausnahme war zuvor schon im KUG verankert und wurde jetzt ausgeweitet.
Bereits im KUG waren Bildnisnutzungen mit zeitgeschichtlichem Bezug, als Beiwerk oder im Kunstkontext ohne extra erteilte Erlaubnis möglich. Jetzt geht die Nutzungsbefugnis weiter: Da der Schutzzweck der DSGVO auch die wirtschaftlichen Interessen der Datenverarbeiter umfasst, ist die Bildnisnutzung auch für rein wirtschaftliche Interessen eröffnet.
Damit die Rechtsgrundlage greift, muss das berechtigte Interesse konkret definiert werden und mit dem Interesse der Abgebildeten, nicht abgebildet zu werden, abgewogen werden. Dieser Abwägungsprozess ist sorgfältig durchzuführen. Dabei stehen einige Stellschrauben zur Verfügung, die das berechtigte Interesse stärken. Greift die Rechtsgrundlage, ist die Bildnutzung zulässig, ganz ohne Zustimmung der Abgebildeten. Jedoch können die Betroffenen in besonderen Situationen Widerspruch einlegen. Dann z. B., wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, was seitens des Verarbeiters nicht in die Abwägung einfließen konnte.