Barcelona kehre nach der Pandemie mit seinem Weg hingegen zum wachstumsorientierten Tourismusmodell zurück und lasse damit eine einzigartige Chance zur Erneuerung ungenutzt, so Langer.
Die Diskussion über Postwachstum und Tourismus hat gerade erst begonnen. Was darunter zu verstehen ist, ist wie so vieles noch im Fluss. In ihrem 2019 erschienenen Artikel „Degrowing tourism“ fordern die Autorinnen und Autoren eine Neudefinition des Tourismus, der die Rechte der einheimischen Bevölkerung über das Recht der Reisenden auf Urlaub und über das Recht der Tourismusbetriebe auf Profit stellt.
So weit muss man bei uns vermutlich nicht gehen. Das Urlaubsland Baden-Württemberg ist weit entfernt von Verhältnissen wie in Barcelona oder andernorts. Es wird viel unternommen, um die Ansprüche von Gästen und Einheimischen nicht als Gegensätze zu verstehen, sondern miteinander in Einklang zu bringen. Doch eine Debatte darüber, welchen Tourismus wir wollen und welche Rolle die unterschiedlichen Vorstellungen von Wachstum darin spielen werden, ist auch hier dringend zu führen.
Andreas Reiter fasst diesen neuen Anspruch an den Tourismus so zusammen: „Das neue touristische Ökosystem ist mehr als die Summe der einzelnen Akteure. Es wird getragen von einem neuen verantwortungsvollen Spirit, der Qualität vor Quantität einfordert, Wertschätzung vor Wertschöpfung, Gemeinwohl vor Partikular-Interessen.“
Lieber Herr Dr. Knauer,
eine tolle Zusammenfassung und ein wertvoller Impuls. Diese sozial-ökonomische Diskussion müssen wir unbedingt (jetzt!) im Tourismus führen. Ich freue mich auf diese Diskussionen und vor allem die Ideen für eine entsprechende “Wegeveränderung”.
Letztlich muss es eine gesamtgesellschaftliche und zentrale politische Debatte im Sinne der vielzitierten “Zeitenwende” (nicht nur im machtpolitischen und militärischen Sinne) sein, in die die tourismusspezifische Diskussion eingebunden sein muss.
In einem Punkt möchte ich aber doch einen gewissen Widerspruch anmelden: Auch bei uns in Baden-Württemberg “muss man soweit gehen” (auch wenn wir nur an wenigen Stellen Ausmaße wie in Barcelona oder Amsterdam haben). Die Umkehr der Prioritäten und geltenden Prinzipien wird nicht “graduell” gelingen, entweder ganz oder gar nicht (mehr).
Toll, dass wir uns dieser Debatte stellen.
Lieber Herr Knittel,
danke für Ihre Reaktion und Ihren Widerspruch! Ich wollte damit vor allem zeigen, dass der Ausgleich der verschiedenen Interessen bei uns im Land schon (meistens) mitgedacht und gelebt wird. Aber natürlich ist es wichtig, jetzt die richtigen Weichen zu stellen und ggf. gegenzusteuern. Nicht erst dann, wenn es zu spät ist. Wir sind sehr gespannt auf diese Diskussion und auf die Meinungen dazu im Land. Ich freue mich auf weitere Wortmeldungen, gerne auch Widerspruch!