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Warum Datenmanagement zur neuen Kernaufgabe wird

20.07.2023

Ohne offene und strukturierte Daten werden es Destinationen und Unternehmen in Zukunft schwer haben, sich im globalen touristischen Wettbewerb zu behaupten. Darüber waren sich die Teilnehmenden des jüngsten „TMBW Branchen-Talks“ einig. Unter der Moderation von TMBW-Geschäftsführer Andreas Braun drehte sich die Videosprechstunde am vergangenen Dienstag um das Thema „Datenmanagement im Tourismus“ und um die Frage, was Tourismusschaffende jetzt tun müssen, um ihre Angebote im neuen Datenzeitalter bestmöglich aufzubereiten.

Im Fokus des Gesprächs mit zwei Datenexperten standen unter anderem der Knowledge Graph, die kürzlich gestartete zentrale Wissensdatenbank für den Deutschlandtourismus, und das neue Förderprojekt Digitalisierung & Datenmanagement, mit dem die TMBW ihre Datenaktivitäten seit Anfang Juli ausweitet. Richard Hunkel, Leiter Open Data & Digitale Projekte bei der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT), erläuterte die Herausforderungen und Chancen rund um die neue Wissensdatenbank und weitere Open-Data-Aktivitäten der DZT. Susanne Bleibel, Teamleiterin Digitalisierung & Datenmanagement bei der TMBW, stellte die Zielsetzung des neuen Projektes und die nun anstehenden Schritte vor.

Datensouveränität erfordert offene Daten

„Wenn wir uns heute nicht aktiv um unsere Daten kümmern, machen wir uns stark abhängig von großen Unternehmen und verlieren perspektivisch sogar die Souveränität über unsere eigenen Daten“, sagte Richard Hunkel zum Einstieg in die Gesprächsrunde. Er verdeutlichte diese Abhängigkeiten am Beispiel großer Buchungsplattformen in der Vergangenheit und aktueller Sprachmodelle wie ChatGPT, die künftig ähnliche Abhängigkeiten erzeugen können. „Der Knowledge Graph ist eine Wissensdatenbank, die nach global gültigen Standards touristische Daten aus Deutschland erfasst, miteinander verknüpft und für verschiedene Anwendungen weltweit nutzbar macht.“ Der Knowledge Graph verfolge damit den Ansatz, touristische Daten in strukturierter Form zu öffnen. So könne letztlich die Datensouveränität bewahrt werden.

Mit aktuell mehr als 200.000 Datensätzen, darunter rund 100.000 touristischen Objekten, deckt der Knowledge Graph zum Start bereits ein breites Angebotsspektrum ab. Wie sich die Daten räumlich verteilen, kann online auf einer Deutschlandkarte eingesehen werden. Hunkel machte aber auch deutlich, dass diese Datenmenge im internationalen Vergleich noch gering ist. Insbesondere europäische Nachbarländer wie Österreich oder Frankreich können hier bereits ein Vielfaches an Daten vorweisen. In den kommenden Jahren gelte es nun, deutlich mehr touristischen Content für das Projekt zu gewinnen.

Der Weg der Daten in die globale Wissensdatenbank

Wie sich Destinationen und Betriebe aus Baden-Württemberg einbringen können, erläuterte Susanne Bleibel anhand der landesweiten Datenbank mein.toubiz. Wer dort seine Sehenswürdigkeiten, Routen oder andere touristische Angebote pflegt und mit entsprechenden offenen Lizenzen (Creative Commons) versieht, wird automatisch auch über den Knowledge Graph der DZT ausgespielt. „Dabei kann jeder selbst festlegen, welche Lizenz vergeben wird und was genau Dritte mit den Daten machen dürfen“, so Bleibel.

Als zwei zentrale Aufgaben ihres neu eingerichteten Teams nannte sie die Vermittlung und Kommunikation des Themas Datenmanagement in der Branche sowie die Weiterentwicklung der Datenbank „mein.toubiz“: „Unser Ziel ist es, die Nutzung unserer landesweiten Datenbank noch einfacher und intuitiver zu gestalten, damit Barrieren weiter abgebaut werden und noch viel mehr Partner als heute ganz selbstverständlich ihre Daten einbringen und vor allem öffnen.“

Mehr Datenmanagement auf allen touristischen Ebenen gefragt

Dass die Bereitschaft im Land vorhanden ist, zeigt eine nicht repräsentative Befragung unter den Teilnehmenden des „TMBW Branchen-Talks“. Ganze 40 Prozent haben vor, bestehende Mitarbeitende zu Datenexperten weiterzubilden. 12 Prozent planen sogar, hierfür neues Personal einzustellen. Ebenso viele geben aber auch an, keine Kapazitäten für das Thema zu haben. 36 Prozent sind der Meinung, bereits sehr viel in Sachen Daten zu tun.

„Ohne einen massiven Ausbau des Datenmanagements auf allen Ebenen, in allen Regionen und Orten, wird es uns nicht gelingen, im globalen Wettbewerb der touristischen Daten dauerhaft erfolgreich zu sein“, appellierte Andreas Braun an die Branche. Die TMBW werde in den kommenden Jahren die Rahmenbedingungen deutlich verbessern, die Datenpflege selbst müsse aber weiterhin vor Ort passieren. „Das Thema verdient höchste Priorität und muss ins Zentrum des Destinationsmanagements rücken. Für die DMOs bedeutet das im Zweifelsfall, dass finanzielle und personelle Ressourcen umgeschichtet werden müssen.“

Vielzahl an möglichen neuen Anwendungen

In der Gesprächsrunde ging es aber nicht nur um konkrete Herausforderungen und anstehende Handlungsbedarfe. Auch Chancen und mögliche neue Anwendungen wurden angesprochen. Susanne Bleibel zeigte sich optimistisch, dass zum Beispiel das Thema Datenaustausch noch einfacher gelöst werden kann: „Es bleibt eine wichtige Aufgabe, die Daten aus anderen Systemen zu integrieren. Hier hat sich schon viel getan und wir bleiben im engen Austausch mit verschiedenen Technologieanbietern, um hier wirklich alle mitzunehmen.“

Schon heute finden die offen erhobenen Daten eine breite Nutzung, sei es über die Ausspielungen von „mein.toubiz“ oder über den Knowledge Graph. „Bei der DZT entwickeln wir gerade auf Basis des Knowledge Graph einen KI-basierten Chatbot, der künftig auf germany.travel Kundenanfragen automatisiert beantworten wird“, so Richard Hunkel.

Generell war sich die Expertenrunde einig, dass die neue Wissensdatenbank eine Vielzahl möglicher neuer Anwendungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz anstoßen kann. Dank verlässlicher Daten sogar ohne die derzeit viel diskutierten Fehler, die etwa in Sprachmodellen kursieren. „Wir stellen Content und verlässliche Daten zur Verfügung, daraus können kreative Start-ups neue Geschäftsmodelle entwickeln, von denen wir als Branche wiederum nur profitieren können“, so Hunkel. Je mehr Daten hierfür in Zukunft zur Verfügung stehen, desto besser.



Autor(in): Martin Knauer
Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg
Pressesprecher
E-Mail: m.knauer@tourismus-bw.de
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